Wie werden in klinischen Prüfungen von Medizinprodukten die unerwünschten Ereignisse systematisch erfasst und bewertet?

Damit Medizinprodukte sicher für Patient:innen und Anwender:innen sein können, müssen mögliche unerwünschte Ereignisse systematisch und einheitlich erfasst werden.

Um dies zu ermöglichen, wird bei klinischen Prüfungen / Studien oder bei Nachbeobachtungen nach dem Inverkehrbringen eine einheitliche Terminologie verwendet. Dadurch ist eine einheitliche, präzise und standardisierte Erfassung, Meldung und Bewertung unerwünschter Ereignisse möglich. Dies reduziert Mehrdeutigkeiten, erleichtert die Kommunikation mit Regulierungsbehörden und verbessert die Vergleichbarkeit von Vorfällen. Dadurch können Risiken schneller erkannt, Trends besser analysiert und somit die Sicherheit der Medizinprodukte kontinuierlich verbessert werden.

Wo finde ich Informationen zur der einheitlichen Bezeichnung (Terminologie)?

Das International Medical Device Regulators Forum (IMDRF) wurde im Oktober 2011 gegründet und ist der Nachfolger der Global Harmonization Task Force (GHTF). Die Arbeitsgruppe für Adverse Event Terminology (AE WG), die für die Entwicklung der Terminologie im Dokument IMDRF/AE WG/N43 FINAL:2020 verantwortlich ist, wurde 2015 ins Leben gerufen. Diese Gruppe besteht aus Mitgliedern von 11 Regionen weltweit und hat die Aufgabe, eine einheitliche, internationale Terminologie und Codes für die Meldung unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit Medizinprodukten zu entwickeln und zu pflegen.

Das Dokument IMDRF/AE WG/N43 FINAL:2020 bietet eine international harmonisierte Terminologie zur einheitlichen Meldung und Bewertung unerwünschter Ereignisse bei Medizinprodukten, die Herstellern und Behörden als Grundlage für eine konsistente und transparente Produktsicherheitsüberwachung dient.

Es besteht aus folgenden Punkten:

  • Einführung
  • Anwendungsbereich
    • Verwendung der Terminologie
    • Adressaten der Terminologie
  • Literaturangaben
  • Terminologie zu unerwünschten Ereignissen
    • Meldung unerwünschter Ereignisse
    • Begriffe und Definitionen im Meldesystem
    • Grundlegende Überlegungen zu Begriffen, Klassifikationen und Hierarchien
    • Vier Terminologiesätze und Kodierungssystem
    • Beschreibung der vier Terminologiesätze
  • Pflege der Terminologie
  • Anhang A: Begriffe und Codes zu medizinischen Geräteproblemen
  • Anhang B: Begriffe und Codes zur Art der Ursachenuntersuchung
  • Anhang C: Begriffe und Codes zu Untersuchungsergebnissen der Ursachenuntersuchung
  • Anhang D: Begriffe und Codes zu Schlussfolgerungen aus der Ursachenuntersuchung
  • Anhang E: Begriffe und Codes zu klinischen Anzeichen, Symptomen und Zuständen
  • Anhang F: Begriffe und Codes zu gesundheitlichen Auswirkungen
  • Anhang G: Begriffe und Codes zu Teilen und Bestandteilen von Medizinprodukten

Wichtig ist die global harmonisierte Terminologie und die assoziierten Codes für Hersteller, inkl. deren lokale Vertriebspartner oder Repräsentant, Behörden, Patient:innen und medizinische Leistungserbringer:innen.

Wie ist so ein IMDRF-Code aufgebaut?

Es wird zunächst die „Terminologie für unerwünschte Ereignisse“ (Adverse Event Terminology) als eine Sammlung von sorgfältig definierten Begriffen und zugehörigen alphanumerischen Codes definiert, die für die Meldung unerwünschter Ereignisse im Zusammenhang mit Nachbeobachtungen von Medizinprodukten nach dem Inverkehrbringen verwendet werden.

  • Die Terminologie umfasst definierte Begriffe, die jeweils durch eindeutige alphanumerische Codes identifiziert werden, um Mehrdeutigkeiten zu reduzieren.
  • Die Codes sind hierarchisch aufgebaut, meist mit drei Ebenen (Level 1 bis Level 3), die eine immer detailliertere Beschreibung erlauben.
  • Die harmonisierte Terminologie besteht aus vier Terminologiesätzen, die zusammen die vollständige Meldeterminologie bilden:
    1. Begriffe und Codes zu Problemen mit Medizinprodukten (Anhang A), die beschreiben, welche Probleme an dem Gerät vorlagen, ohne Ursachen zu bewerten.
    2. Begriffe und Codes zur Ursachenuntersuchung (Anhänge B, C, D), die Art der Untersuchung, Untersuchungsergebnisse und Untersuchungsschlussfolgerungen erfassen.
    3. Begriffe und Codes zu gesundheitlichen Auswirkungen (Anhänge E, F), die klinische Anzeichen, Symptome und Zustände sowie gesundheitliche Folgen des Ereignisses abbilden.
    4. Begriffe und Codes zu Bestandteilen von Medizinprodukten (Anhang G), mit denen die spezifischen Teile oder Komponenten beschrieben werden können, die beim Ereignis beteiligt sind.
  • Die Kodierung soll möglichst detailliert erfolgen, wobei die Auswahl der Codeebene vom Informationsstand abhängt.
  • Die Mehrfachkodierung aus verschiedenen Anhängen ermöglicht eine umfassende und strukturierte Erfassung eines Ereignisses.
  • Die Terminologie ist in Anhängen strukturiert, die den jeweiligen Themenbereichen mit Codes und Definitionen entsprechen.

Die Kodierung soll durch logische Hierarchien und eindeutige Codes eine klare, nachvollziehbare und international einheitliche Dokumentation unterstützen und wesentlich zu einer verbesserten Produktsicherheit beitragen. Hersteller können ggf. auch eigene Codes und Termini ergänzen.

Ein vollständiger Beispielcode, der alle Buchstaben von A bis G mit den entsprechenden Ziffern aus dem IMDRF-Dokument AE WG/N43 kombiniert, könnte wie folgt aussehen:

Beispielcode: A12345 B78 C1234 D56 E1234 F5678 G1234567

Erklärung:

  • A12345: "A" steht für Anhang A, der die „Begriffe und Codes zu medizinischen Geräteproblemen“ enthält; „12345“ ist ein hierarchischer Code, der das spezifische Gerätproblem beschreibt, z. B. eine bestimmte Funktionsstörung.
  • B78: "B" steht für Anhang B, welcher die „Art der Ursachenuntersuchung“ beschreibt; hier bedeutet „78“ z. B. eine spezifische Untersuchungsmethode.
  • C1234: "C" für Anhang C, die „Ergebnisse der Ursachenuntersuchung“; „1234“ spezifiziert einen detaillierten Untersuchungsergebnis-Code.
  • D56: "D" ist Anhang D, die „Schlussfolgerungen aus der Ursachenuntersuchung“ mit „56“ als codierte Variante.
  • E1234: "E" für Anhang E, der „klinische Anzeichen, Symptome und Zustände“ beschreibt; „1234“ bezeichnet den genauen klinischen Befund.
  • F5678: "F" steht für Anhang F, „gesundheitliche Auswirkungen“; dieser Code liefert die genaue Auswirkung auf die betroffene Person.
  • G1234567: "G" steht für Anhang G, der „Teile und Bestandteile von Medizinprodukten“ beschreibt; die siebenstellige Ziffer gibt präzise Auskunft über das betroffene Bauteil innerhalb des Medizinproduktes.

Anhand der auf Seite https://www.imdrf.org/docum ents/term inologies-categ orized-adverse-event-reporting-aer-terms-ter minology-and-codes (Leerzeichen für Link entfernen) zur Verfügung gestellten Tabellen A bis G lassen sich die unerwünschten Ereignisse zuordnen und harmonisiert darstellen. In Annex E finden sich dann auch MeDRA-Codes. Die Tabelle wird fortlaufend aktualisiert.

Wer sollte die einheitliche Erfassung und Bewertung vornehmen?

Bei einer Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen oder bei einer klinischen Studie sollte grundsätzlich der Hersteller die systematische Erfassung und Bewertung der klinischen Daten und unerwünschten Ereignisse übernehmen. Der Hersteller richtet ein entsprechendes Überwachungssystem (Post-Market Surveillance) ein, das in sein Qualitätsmanagementsystem eingebunden ist, um Risiken frühzeitig zu erfassen und erforderliche Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Verfügt der Hersteller jedoch nicht über die notwendigen Kapazitäten oder Ressourcen , wird er die Durchführung dieser Aufgaben durch geeignete vertragliche Vereinbarungen an Dritte delegieren.

MEDIACC unterstützt Sie in allen Phasen klinischer Studien und Nachbeobachtungen von Medizinprodukten mit wissenschaftlicher Expertise und strukturierten Prozessen. Die Anwendung harmonisierter Terminologien und Kodierungen ermöglicht eine präzise und normgerechte Erfassung und Bewertung unerwünschter Ereignisse, was die Einhaltung regulatorischer Anforderungen erleichtert. Vereinbaren Sie gerne einen ersten Termin!

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