Standardvertragsklauseln für klinische Prüfungen: Wegbereiter für effizienteren Studienstandort Deutschland

Hintergrund der Regulierung

Die Einführung verbindlicher Standardvertragsklauseln für klinische Prüfungen markiert einen bedeutenden Paradigmenwechsel in der Vertragsgestaltung zwischen Sponsoren und Prüfzentren. Diese Maßnahme resultiert aus den Bestimmungen des Medizinforschungsgesetzes (MFG) vom 23. Oktober 2024, das die Bundesregierung zur Festlegung entsprechender Rechtsverordnungen ermächtigt.
Standardvertragsklauseln

Grundlegende Problematik der Vertragsverhandlungen

Der regulatorische Ansatz adressiert die dokumentierte Ineffizienz deutscher Vertragsverhandlungen, die im europäischen Vergleich überdurchschnittlich langwierig sind. Nach Erhebungen der pharmazeutischen Industrie dauerten Vertragsverhandlungen in Deutschland 2021-2023 durchschnittlich mehr als viermal länger als in Frankreich. Diese Verzögerungen beeinträchtigten die Attraktivität Deutschlands als Standort für industriell-initiierte klinische Prüfungen erheblich.

Rechtlicher Rahmen und Implementierung

Die Standardvertragsklausel-Verordnung (StandVKlV) wurde am 28. Mai 2025 durch das Bundeskabinett verabschiedet und erhielt am 11. Juli 2025 die Zustimmung des Bundesrates. Die Verordnung basiert auf § 42d Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes und definiert verbindliche Vertragsklauseln für die Durchführung klinischer Prüfungen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der EU-Verordnung 536/2014 (klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln).

Die Standardvertragsklauseln gelten ausschließlich für industrie-initiierte klinische Prüfungen und umfassen nicht akademische, nicht-kommerzielle Studien. Abweichungen von den Standardklauseln sind nur einvernehmlich zwischen Sponsor und Prüfzentrum möglich, wobei die Ausnahmeregelungen restriktiv ausgelegt werden.

Anwendungsbereich und Limitationen

Die Verordnung betrifft primär Arzneimittelstudien und regelt die Rechte und Pflichten zwischen pharmazeutischen Sponsoren und medizinischen Einrichtungen. Die Standardvertragsklauseln stellen jedoch keinen umfassenden Mustervertrag dar, sondern definieren ausschließlich standardisierbare Vertragsbestandteile.

Wesentliche Bereiche der Standardisierung umfassen:

  • Haftungsverteilungen zwischen Sponsor und Prüfzentrum
  • Vergütungsmodalitäten für Prüfzentren
  • Dokumentationspflichten und Datenübermittlung
  • Überwachungsrechte des Sponsors
  • Verfahren bei Studienabbruch oder -modifikation.

Auswirkungen auf die Studiendurchführung

Die Implementierung der Standardvertragsklauseln zielt auf eine substantielle Verkürzung der Vertragsverhandlungszeiten ab. Vertragsverhandlungen werden künftig nur noch in Bereichen erforderlich, in denen die Parteien explizit von den Standardklauseln abweichen wollen oder zusätzliche Vertragsgegenstände regeln müssen.

Die Maßnahme soll die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Studienstandortes stärken und einer weiteren Abwanderung pharmazeutischer Forschung entgegenwirken. Zwischen 2018 und 2023 verzeichnete Deutschland einen Rückgang der kommerziellen klinischen Studien der Phasen I-IV von 618 auf 417 Studien.

Verbändeplattform und Kooperationsrahmen

Die Standardvertragsklauseln-Initiative wird durch eine Verbändeplattform getragen, die das KKS-Netzwerk, die Deutsche Hochschulmedizin, den vfa, BPI, BVMA und BV Med umfasst. Diese Plattform hat bereits seit Jahren Mustervertragsklauseln entwickelt, die jedoch nur unverbindlichen Charakter besaßen.

Die Verbändeplattform hat zusätzlich "Gemeinsame Empfehlungen zur Erstellung einer Gesamtleistungsrechnung zur Vergütung bei der Durchführung einer klinischen Prüfung durch ein Prüfzentrum" erarbeitet, die auch nach Inkrafttreten der Standardvertragsklauseln anwendbar bleiben.

Prüfzentren und Durchführungsstrukturen

Unter dem Begriff "Prüfzentren" oder "Prüfstelle" werden sämtliche Kliniken und Arztpraxen verstanden, in denen klinische Prüfungen durchgeführt werden. Diese Einrichtungen sind für die Durchführung von Aufklärungsgesprächen mit Teilnahmeinteressierten, die vorgesehenen Untersuchungen und Behandlungen sowie die Dokumentation der Therapieverläufe verantwortlich. Die Standardisierung der Vertragsbedingungen soll die administrative Belastung für diese Prüfzentren erheblich reduzieren und eine effizientere Ressourcenallokation ermöglichen.

Internationale Kontextualisierung

Die Implementierung der Standardvertragsklauseln orientiert sich an erfolgreichen Modellen aus anderen EU-Ländern, die bereits demonstriert haben, dass standardisierte Vertragsstrukturen die Durchführung klinischer Prüfungen beschleunigen können. Deutschland schließt damit eine regulatorische Lücke und positioniert sich wieder kompetitiver im internationalen Forschungsumfeld.

Die Einführung von Standardvertragsklauseln für pharmazeutische klinische Prüfungen stellt aus Sicht der MEDIACC einen wichtigen Schritt zur Optimierung der Vertragsverhandlungen dar. Als spezialisiertes Forschungsinstitut für klinische Studien von Medizinprodukten beobachten wir diese Entwicklung mit besonderem Interesse, da sie Präzedenzcharakter für die künftige Regulierung der Medizinprodukte-Forschung haben könnte. Diese aktuelle regulatorische Asymmetrie könnte zu einer weiteren Benachteiligung von Medizinproduktestudien in Deutschland und Europa führen, wodurch klinische Prüfungen und die Versorgung mit innovativen Medizinprodukten in Europa für Hersteller weniger interessant sein könnte. Wünschenswert ist die Entwicklung separater Standardvertragsklauseln für Medizinproduktestudien, die die spezifischen Anforderungen der MDR und die besonderen Charakteristika von Medizinprodukten berücksichtigen, um die Wettbewerbsfähigkeit für europäische und deutschen Medizinprodukte zu stärken.

Quellen: https://www.bundesgesund heitsministerium.de/serv ice/gesetze-und-verordnu ngen/detail/medizinforschungsgesetz.html, https://ww w.bfarm.de/DE/Medi zinforsch ungsgesetz/_node.html, https://dserver.b undesta g.de/brd/2025/ 0225-25.pdf, https://www.kks-netzwerk.de/studiensu pport/nation aler-studiens upport/mustervertragsklauseln/, (Leerzeichen für Link entfernen)

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